Konsequenzen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 13.02.2007
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das Verbot, heimliche Vaterschaftstests vor Gericht zu verwerten, nicht gegen die Verfassung verstößt und damit weiterhin gilt. Ein heimlicher Vaterschaftstest kann demnach vor Gericht nicht als Begründung genutzt werden, dass eine Vaterschaft möglicherweise nicht bestehe.
Dieser Artikel befasst sich mit den Konsequenzen des Urteils und gibt Antworten auf die Fragen
- wie sich das Urteil auf die Praxis auswirkt,
- welche Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung einer Vaterschaft bestehen,
- was es genau bedeutet, wenn von der "Unzulässigkeit" bzw. von einem "Verbot" von heimlichen Vaterschaftstests die Rede ist,
- ob heimliche Vaterschaftstests strafbar sind und
- welche Pflichten nun der Gesetzgeber hat
"Heimliche" Vaterschaftstests sind solche, bei denen das DNA-Material zur Überprüfung der Abstammung vom Kind ohne dessen Zustimmung entnommen wurde bzw. bei minderjährigen Kindern ohne die Zustimmung der Erziehungsberechtigten (meist ohne Zustimmung der Mutter).
Was bedeutet das Urteil für die Praxis?
Zunächst einmal ändert sich nichts, die geltende Rechtslage bleibt bestehen. Wer seine Vaterschaft vor Gericht anfechten möchte, kann sich hierfür nicht auf einen heimlichen Vaterschaftstest berufen.
Wie kann man vor Gericht das Bestehen einer Vaterschaft überprüfen?
Was bedeutet es eigentlich, wenn man von einem "Verbot" oder der "Unzulässigkeit" eines heimlichen Vaterschaftstests spricht?
Eine Überprüfung der Vaterschaft ist wie bisher nur mit einer Vaterschaftsanfechtungsklage möglich. Die Möglichkeit zu einer Überprüfung vor Gerichts, ohne dass daran direkte Folgen wie z.B. die Aberkennung der Vaterschaft geknüpft sind, gibt es nicht.
Um eine Vaterschaftsanfechtungsklage erheben zu können, muss man einen Anfangsverdacht darlegen können. Und genau hier entfaltet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts seine Wirkung: Weil ein heimlicher Vaterschaftstests gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kindes verstößt, darf er nicht zur Begründung eines solchen Anfangsverdachts genutzt werden, er also ist vor Gericht unzulässig bzw. untechnisch gesprochen, vor Gericht "verboten". Die Hürde, einen solchen Anfangsverdacht zu begründen, ist sehr hoch.
Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu Pflichten für den Gesetzgeber formuliert.
Sind heimliche Tests damit strafbar?
Nein. Eine Verwendung des DNA-Materials eines Menschen ohne dessen Zustimmung verstößt zwar gegen das im Grundgesetz verankerte Recht auf informationelle Selbstbestimmung, ist aber nicht strafbar. Dieses ist ein Unterfall des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, was sich aus der Gesamtbetrachtung der Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 ergibt.
Ein Verstoß gegen dieses Persönlichkeitsrecht steht bislang nicht unter Strafe, auch die Urteile des Bundesgerichtshof und jetzt des Bundesverfassungsgericht ändern daran nichts, sie beziehen sich nur auf die Zulässigkeit des heimlichen Vaterschaftstests vor Gericht.
Es gibt Initiativen in der Politik, die unbefugte Verwendung von DNA-Material unter Strafe zu stellen, diese sind jedoch noch im Entwurfsstadium (Stand 13.02.2007).
Welche Pflichten hat nun der Gesetzgeber?
Das Bundesverfassungsgericht hat nicht nur geurteilt, dass heimliche Vaterschaftstests unzulässig sind, sondern zudem auch noch Pflichten für den Gesetzgeber normiert.
Es überwiege zwar das Persönlichkeitsrecht des Kindes, jedoch ist der Staat aufgrund seiner Schutzpflichten gezwungen, das zurücktretende Recht der Väter zu schützen. Daher gibt das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber auf, eine weitere Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung der Vaterschaft zu schaffen, die nicht direkt auf die Anfechtung derselben zielt, wie es die bisher mögliche Vaterschaftsanfechtungsklage tut. Es soll dem Vater also möglich sein, die Vaterschaft offiziell zu überprüfen, ohne sie deswegen gleich anzufechten.
Hierfür hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Frist bis Ende März 2008 gesetzt.