Übersicht Rechtslage bei Vaterschaftstests

Stand: April 2008 - ohne Gewähr.

Was die Rechtslage von sog. "Vaterschaftstests" angeht, herrscht in der Presse blankes Chaos. Verfolgt man die aktuelle Berichterstattung zu den Urteilen des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts zu Vaterschaftstests, so erhält man den Eindruck, diese seien "verboten". Auch wird immer wieder von Gesetzesvorhaben der Bundesjustizministerin Zypries berichtet, die den Vaterschaftstest "verbieten" lassen will. Die Anbieter solcher Vaterschaftstest hingegen bemühen sich unermüdlich klarzustellen, was denn nun genau verboten sei und was nicht.

Um die Berichterstattung und die sich aus den Urteilen und den geltenden Gesetzen ergebende Rechtslage zu verstehen, muss man sich über wesentliche Unterschiede im Klaren sein.

1. Unterscheidung "heimlicher" und einvernehmlicher Vaterschaftstest

Zunächst einmal muss man differenzieren zwischen sog. "heimlichen" Vaterschaftstest und einvernehmlich vorgenommenen. Für einen Vaterschaftstest, d.h. die Analyse des Erbmaterials des Vaters und des Kindes auf Übereinstimmung, benötigt man eben dieses Erbmaterial vom Vater und dem Kind. Ist das Kind mit einer Entnahme des Erbmaterials nicht einverstanden, wird sie jedoch vom Vater dennoch vorgenommen, so geschieht eine Überprüfung "heimlich". Ist das Kind noch minderjährig, so tritt an die Stelle seines Einverständnisses das der erziehungsberechtigten Mutter. Haben im Normalfall also der zweifelnde Vater und die Mutter das gemeinsame Erziehungsrecht und nimmt der Vater eine Überprüfung ohne Einverständnis der Mutter vor, so geschieht die Überprüfung ebenfalls "heimlich". Stimmt jedoch das Kind bzw. die Mutter dem Vaterschaftstest zu, so geschieht dies einvernehmlich. Die gesamte Diskussion über den "Vaterschaftstest" bezieht sich lediglich auf den "heimlichen Vaterschaftstest".

2. Unterscheidung Verwertbarkeit, Strafbarkeit und "Erlaubtheit"

Eine weitere Unterscheidung betrifft die Begriffe der "Erlaubtheit", der "Strafbarkeit" und der "Verwertbarkeit". Die Schwierigkeit besteht darin, dass es sich um juristische Fachbegriffe handelt, die im allgemeinen Sprachgebrauch und auch im allgemeinen Verständnis gerne verwechselt bzw. gleichgesetzt werden.

Zunächst die "Strafbarkeit". Damit ist gemeint, dass ein verbotenes, d.h. nicht erlaubtes Tun, wie z.B. das Schlagen eines anderen Menschen, vom Staat bestraft wird. Strafbar sind nur die Handlungen, die in einem Gesetz ausdrücklich als strafbar benannt sind. Die Anfertigung eines "heimlichen" Vaterschaftstests ist es nach geltender Rechtslage nicht (April 2008).

Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Durchführung eines "heimlichen" Vaterschaftstests automatisch "erlaubt" ist. Die "heimliche" Verwendung des Genmaterials des Kindes zur Überprüfung der Vaterschaft verstößt gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des Kindes, der "heimliche" Vaterschaftstest ist also nicht erlaubt. Macht man ihn trotzdem, so ergeben sich daraus keine direkten Konsequenzen. Eine Strafanzeige oder ähnliches braucht man nicht zu befürchten, denn strafbar ist ein Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gerade nicht. Diese Situation wird als rechtliche "Grauzone" bezeichnet. Eine Handlung ist nicht strafbar, verstößt jedoch gegen das Recht, kann aber vom Bürger ohne Konsequenzen vorgenommen werden.

Eine Folge des Verstoßes gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist, dass ein "heimlich" erlangter Vaterschaftstest vor Gericht nicht verwertet werden kann. Mit der Verwertung ist gemeint, dass das Gericht ihn nicht als Beweis gelten lassen darf. Selbst wenn dieser Test schwarz auf weiß besagt, dass ein Mann nicht der Vater eines Kindes sein kann, so ignoriert das Gericht diesen Vaterschaftstest, weil er eben gerade unter Verstoß gegen das Recht zustande gekommen ist.

3. Urteile der Bundesgerichte

In der Presse haben in der vergangenen Zeit drei Urteile der Bundesgerichte "die Runde gemacht", ihre Aussagen wurden jedoch mangels Unterscheidung zwischen den dargestellten Begriffen nicht immer korrekt wiedergegeben.

a. BGH zur Verwertbarkeit

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Vaterschaftstest, der "heimlich" zustande gekommen ist, vor Gericht nicht verwertet werden darf. Begründet wurde das eben mit dem Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des Kindes, welches bei einer "heimlichen" Überprüfung seiner Abstammung verletzt wird. Gerichte sind nach dem Grundgesetz an Recht und Gesetz gebunden und dürfen daher nur solche Beweise zulassen, die rechtmäßig zustande gekommen sind. Über die Strafbarkeit von "heimlichen" Vaterschaftstests hat der Bundesgerichtshof nicht entschieden.

b. BVerfG zur Verwertbarkeit

Das Bundesverfassungsgericht hat das Urteil des Bundesgerichtshofs überprüft, ob es gegen das Grundgesetz verstößt. Denn nicht nur das Kind hat ein Grundrecht darauf, selbst zu bestimmen, ob es seine Abstammung erfahren will und wer diese überprüfen darf. Sondern auch der Vater weiß das Grundgesetz auf seiner Seite, weil auch er ein Recht darauf hat, zu wissen, wer sein Kind ist, zu wem er da eine väterliche Beziehung aufbaut und für wen er unterhaltsverpflichtet ist. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch festgestellt, dass das Grundrecht des Kindes dem des Vaters überwiegt, die Entscheidung des Bundesgerichtshofs also "richtig" war.

c. BGH zur Beweislast

Der Bundesgerichtshof hat sich 2008 erneut zum Thema "Vaterschaftstest" und "Kuckuckskinder" geäußert. Hier hatte ein zweifelnder Vater den vermutlichen tatsächlichen, biologischen Vater verklagt, er solle ihm das Geld zurückzahlen, was er fälschlicherweise an Unterhalt geleistet habe. Vor einem Gericht ist es nun grundsätzlich so, dass derjenige die Tatsachen beweisen muss, die für ihn günstig sind. Die Tatsache also, dass der andere der "echte" Vater sein soll, musste also der zweifelnde Beweisen. Hier hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass insofern "Beweiserleichterungen" greifen - der zweifelnde Vater muss jetzt nur noch stichhaltige Anhaltspunkte liefern, dass der andere der "echte" Vater ist. Dann liegt der Spielball bei dem verklagten "echten" Vater, er muss diese Anhaltspunkte jetzt widerlegen. Das wird ihm in der Regel nur mit einem Abstammungsgutachten gelingen. Also geben stichhaltige Anhaltspunkte dem zweifelnden Vater eine Möglichkeit, den "schwarzen Peter" zum vermutlich biologischen Vater zu schieben und ihn quasi zu einem Vaterschaftstest zu zwingen.

4. Gesetzesvorhaben

Die geschilderte Rechtslage betrifft den Stand im April 2008. Frau Bundesjustizministerin Zypries äußert sich immer wieder in der Presse mit ihrem geplanten Gesetzesvorhaben, "heimliche" Vaterschaftstests unter Strafe zu stellen. Würde ein solches Gesetz tatsächlich in Deutschland erlassen werden, so wäre ein "heimlicher" Vaterschaftstest strafbar.

Fazit

Zweifelnde Väter kömmnnen eine "heimliche" Überprüfung ihrer Vaterschaft machen. Sie verstoßen damit gegen das Grundrecht des Kindes auf informationelle Selbstbestimmung und dürfen den "heimlichen" Vaterschaftstest dann nicht vor Gericht verwerten. Strafbar machen sie sich damit aber nicht.

  Vaterschaftstest unkommerziell